VII ZB 22/15

04.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF

vom

4. November 2015

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


ZPO § 829 Abs. 4 Satz 2; ZVFV § 2 Satz 1 Nr. 2, § 3 Abs. 3, § 5


Bietet das Antragsformular gemäß Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV hinsichtlich der Forderungsaufstellung eine vollständige Eintragungsmöglichkeit, ist ausschließlich das vorgegebene Formular zu nutzen.


BGH, Beschluss vom 4. November 2015 - VII ZB 22/15 - LG Frankenthal (Pfalz), AG Frankenthal (Pfalz)


Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Sacher und Wimmer

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal vom 13. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Gläubigerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

[1] I. Die Gläubigerin begehrt den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.

[2] Ihr steht gegen die Schuldnerin ein durch Vollstreckungsbescheid titulierter Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für Telekommunikationsdienstleistungen für sechs Monate aus dem Jahr 2014 in einer Gesamthöhe von 222,85 € sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 70,20 € zu.

[3] Wegen dieser Forderungen sowie wegen des ebenfalls mit dem Vollstreckungsbescheid titulierten Anspruchs auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. November 2014 aus einem Teilbetrag in Höhe von 195,72 € (vgl. Forderungsaufstellung der Gläubigerin Seiten 1 und 2, wonach die Teilforderung gemäß Rechnung vom 31. August 2014 in Höhe von 27,13 € erst ab dem 21. November 2015 zu verzinsen ist) hat die Gläubigerin bei dem Amtsgericht die Pfändung und Überweisung der Forderungen der Schuldnerin gegen die C.-Bank beantragt. Hierzu hat die Gläubigerin das nach Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über Formulare für die Zwangsvollstreckung (Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung ­ ZVFV) in der Fassung vom 16. Juni 2014 (BGBl. I S. 754, 759 ff.) vorgegebene Formular genutzt.

[4] Auf Seite 3 des Formulars hat die Gläubigerin keine Eintragung zur Forderungshöhe vorgenommen, sondern ausschließlich auf eine als Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen.

[5] Das Amtsgericht hat nach vorherigem Hinweis den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Gläubigerin die Aufhebung der zurückweisenden Beschlüsse und den Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung.

[6] II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

[7] 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses entspreche nicht den formalen Anforderungen der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung. In keinem Feld auf Seite 3 des Formulars sei ein Betrag eingetragen worden, obschon der Gläubigerin dies möglich gewesen wäre. Aus § 3 Abs. 3 ZVFV ergebe sich, dass der Antragsteller die Felder des nach Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV vorgegebenen Formulars auszufüllen habe. Lediglich im Ausnahmefall könne der Antragsteller, soweit in dem Formular keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit bestehe, auf eine beigefügte Anlage verweisen.

[8] Ein derartiger Ausnahmefall liege hier nicht vor. Für sämtliche Forderungen, wegen derer der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen werden sollte, sehe die Forderungsaufstellung auf Seite 3 des Formulars Felder vor, die mit den zweckmäßigen und erforderlichen Eintragungen hätten versehen werden können. Soweit sich die Hauptforderung aus den Forderungen mehrerer Abrechnungszeiträume zusammensetze, sei es möglich, die Summe der Einzelforderungen in der obersten Zeile einzutragen.

[9] 2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.

[10] Zu Recht hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses entspricht nicht der nach § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO, § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV in Verbindung mit Anlage 2 ZVFV, § 5 ZVFV vorgeschriebenen Form und war daher als unzulässig zurückzuweisen.

[11] a) Gemäß § 829 Abs. 4 Satz 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen, § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Nach § 2 Satz 1 Nr. 2, § 5 ZVFV ist für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses seit dem 1. November 2014 verbindlich das in Anlage 2 zur Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 16. Juni 2014 (BGBl. I S. 754, 759 ff.) vorgegebene Antragsformular zu nutzen.

[12] Nur soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht, kann ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden, § 3 Abs. 3 Satz 1 ZVFV. Auf diese Ausnahme vom Formularzwang wird der Antragsteller auf Seite 1 und insbesondere hinsichtlich der Angabe der zu vollstreckenden Forderungen auf Seite 3 des Formulars hingewiesen. Diese aufgrund der Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 16. Juni 2014 nunmehr vorgesehene Möglichkeit, Freifelder oder Anlagen zu nutzen, soweit das Formular keine zweckmäßigen Eintragungen zulässt, soll der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 2 Nr. 2, § 3 ZVFV in der bis zum 25. Juni 2014 geltenden Fassung (BGBl. I 2012 S. 1822) Rechnung tragen (vgl. BR-Drucks. 137/14 [neu], S. 29). Danach ist der Gläubiger vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In diesen seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Bereichen ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 - VII ZB 39/13, BGHZ 200, 145 Rn. 36; Beschluss vom 20. Februar 2014 - VII ZB 31/13, JurBüro 2014, 323 Rn. 16; Beschluss vom 20. Februar 2014 - VII ZB 46/13, JurBüro 2014, 325 Rn. 13; Beschluss vom 20. Februar 2014 - VII ZB 44/13, juris Rn. 13). An diesen Grundsätzen für die Nutzung des Formulars hält der Senat auch für das nunmehr verbindlich vorgegebene Formular fest.

[13] b) Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das nach Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV vorgegebene Formular erfasst den Fall der Gläubigerin vollständig. Es bietet für den von der Gläubigerin gestellten Antrag auch hinsichtlich der Forderungsaufstellung auf Seite 3 umfassende und zweckmäßige Eintragungsmöglichkeiten. Der Verwendung einer zusätzlichen Anlage bedurfte es nicht.

[14] Die Summe der Hauptforderungen in Höhe von 222,85 € hätte in der ersten Zeile auf Seite 3 des Formulars eingetragen werden müssen. Zwar bietet das Formular im Folgenden nicht die Möglichkeit, ausgerechnete Zinsen für die jeweiligen Teilforderungen und zusätzlich weiter laufende Zinsen aufzuführen. In Anbetracht des einheitlichen Zinslaufs kann jedoch die Zinsforderung in der vierten Zeile auf Seite 3 vollständig wie folgt erfasst werden: Nach dem vorgegebenen Text "über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus/aus" wäre der Teilbetrag in Höhe von 195,72 € und im Anschluss an den vorgegebenen Text "seit dem" das Datum des Beginns der Verzinsung, nämlich der 21. November 2014, einzutragen gewesen. Indem nur ein Zinsbeginn, aber kein Zinsende eingetragen wird, wird dabei deutlich, dass wegen fortlaufender Zinsen gepfändet werden soll (vgl. Sturm, JurBüro 2014, 507, 508).

[15] Für die weiteren Ansprüche, wegen derer die Gläubigerin den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses begehrt, bestehen ebenfalls zweckmäßige und vollständige Eintragungsmöglichkeiten: Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 € wären in der sechsten Zeile und die festgesetzten Kosten in Höhe von 83,75 € in der achten Zeile aufzuführen gewesen. In der zehnten Zeile hätte die Gläubigerin die Zinsen auf die festgesetzten Kosten mit Zinsbeginn seit dem 5. Februar 2015, in der elften Zeile die bisherigen Vollstreckungskosten in Höhe von 38 € und schließlich in der Summenzeile die Gesamtsumme von 414,80 € eintragen müssen.

[16] In Anbetracht des deutlich gestalteten Hinweises in Zeile 13, nach dem eine Anlage nur zulässig ist, wenn in der vorgegebenen Aufstellung die erforderlichen Angaben nicht oder nicht vollständig eingetragen werden können, bestand für die Gläubigerin auch keine Unsicherheit darüber, ob die verbindlich vorgegebene Forderungsaufstellung auf Seite 3 zu nutzen ist, oder ob auf eine in Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen werden darf.

[17] III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick Kartzke Graßnack

Sacher Wimmer

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