X ZR 129/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am:
15. April 2008
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VOB/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
a) Die Eignungsprüfung dient im System der VOB/A bei
öffentlicher Ausschreibung bzw. bei offenem Verfahren dazu, die
Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret
nachgefragten Bauleistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und
Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend
qualifizierten Bieter auszusondern. Dem Angebot eines für geeignet
befundenen Bieters darf dasjenige eines Konkurrenten nicht
maßgeblich wegen dessen höher eingeschätzter Eignung vorgezogen
werden (Bestätigung von BGHZ 139, 273).
b) Möchte ein Bieter die Bauzeit proportional der
verlängerten Zuschlags- und Bindefrist anpassen, kann sein Angebot
nur ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber berechtigterweise
erwarten konnte, dass der ursprüngliche Fertigstellungstermin trotz
des verzögerten Baubeginns eingehalten wird. Ob das der Fall ist,
hängt im Wesentlichen von einer Gesamtschau der Umstände des
Einzelfalls einschließlich der beiderseitigen Interessen ab.
BGH, Urt. v. 15. April 2008 - X ZR 129/06 - OLG
Frankfurt am Main, LG Frankfurt am Main
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 15. April 2008 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens und
die Richter Asendorf und Gröning
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 31. Oktober 2006
verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
[1] Der beklagte Turnverein machte im April 2004 als
öffentliche Ausschreibung nach der VOB/A den schlüsselfertigen
Neubau inklusive Baunebenleistungen (Werk- und Detail- sowie
Tragwerksplanung, Bauleitung) einer Zweifeld-Sporthalle mit
Nebenräumen und Hausmeisterwohnung mit geschätztem
Gesamtauftragsvolumen von ca. 3,5 Mio. bekannt. Das Vorhaben wurde
von der Stadt F. mit einem Betrag von ca. 700.000,-- und vom Land
H. mit ca. 50.000,-- gefördert. Die Zuschlags- und Bindefrist war
bis zum 31. Mai 2004 bemessen; als Ausführungsfrist war der Zeitraum
von Juni 2004 bis August 2005 vorgesehen. Das preislich günstigste
Angebot war das der Klägerin. Am 27. Mai 2004 suchte der vom
Beklagten mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragte
Architekt um Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlags- und
Bindefrist bis zum 1. August 2004 nach, lud die Klägerin zugleich zu
einem Bietergespräch ein und bat, ihm vorab unter anderem einen
vorläufigen Bauzeitenplan zu übersenden. Der von der Klägerin darauf
übersandte Plan sah eine Ausführung bis zum 31. Oktober 2005 vor.
[2] In seiner Sitzung vom 7. Juli 2004 entschied sich der
Beklagte für das Angebot der preislich an zweiter Stelle stehenden
Z. AG und unterrichtete die Klägerin davon mit Schreiben vom
folgenden Tag.
[3] Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Auftrag
hätte bei vergaberechtskonformer Wertung an sie vergeben werden
müssen und den Beklagten vor dem Landgericht auf Zahlung von
172.029,40 entgangenen Gewinns nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin,
mit der sie die Klage auf 333.156,20 erweitert hat, ist erfolglos
geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren
Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren
Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
[4] Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht.
[5] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der geltend gemachte
Anspruch stünde der Klägerin nur dann zu, wenn ihr bei
vergaberechtskonformer Durchführung des Vergabeverfahrens zwingend
der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Das sei nicht der Fall.
Der Beklagte habe innerhalb des ihm zustehenden Wertungsspielraums
gehandelt, als er das Angebot von Z. demjenigen der Klägerin trotz
dessen günstigeren Preises vorgezogen habe. Bei der Ermittlung des
wirtschaftlichsten Angebots nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3
VOB/A sei der Preis nur ein Gesichtspunkt neben vielen anderen, die
in eine vergleichende Betrachtung einzustellen und gegeneinander
abzuwägen seien. Dem Beklagten sei es maßgeblich auf Erfahrungen des
Auftragnehmers im Bau von Sporthallen angekommen. Z. , die auch
keine Verschiebung des Endtermins ins Auge gefasst habe, habe dafür,
anders als die Klägerin, Referenzen vorlegen können und bessere
Gewähr für die den Vorstellungen des Beklagten entsprechende
technische sowie sonstige bestmögliche Ausführung des Bauvorhabens
geboten. Der Beklagte habe mit Z. Offerte das für ihn "sicherste"
Angebot auswählen können und nicht die Klägerin beauftragen müssen.
Gegen das Verbot, die Eignung eines Bieters nach abgeschlossener
Prüfung seiner Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit auf
der zweiten Wertungsstufe im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung
abweichend zu beurteilen, habe der Beklagte nicht verstoßen. Er habe
die Eignung vor dem für ihn erforderlichen Aufklärungsgespräch auf
der zweiten Stufe ersichtlich noch nicht abschließend geprüft,
sondern diese erst im Anschluss daran bewertet. Der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch sei der Höhe nach nicht ausreichend
nachvollziehbar.
[6] II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision
haben Erfolg. Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht verneint werden.
[7] 1. Einem Bieter, der in einem nach der VOB/A
durchgeführten Vergabeverfahren bei der Vergabeentscheidung
übergangen worden ist, kann, wovon auch das Berufungsgericht
ausgegangen ist, ein auf das positive Interesse gerichteter
Schadensersatzanspruch gegen den öffentlichen Auftraggeber zustehen,
wenn ihm bei rechtmäßigem Ablauf des Vergabeverfahrens der Zuschlag
hätte erteilt werden müssen. Die gleiche Rechtsfolge gilt, wenn
sich, wie hier, ein Privater bei einer Ausschreibung den Regeln der
VOB/A unterstellt hat (Sen.Urt. v. 21.2.2006 - X ZR 39/03, VergabeR
2006, 889).
[8] Der Beklagte bzw. ein von ihm eingeschalteter Dritter,
für dessen etwaiges Fehlverhalten der Beklagte nach dem Gedanken des
§ 278 BGB einzustehen hat (BGHZ 139, 280), hatte deshalb bei der
Wertung § 25 VOB/A anzuwenden. Dagegen sind die Bestimmungen des
Vierten Teils des GWB und § 13 VgV entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts unabhängig von der Regelung des - bei
Ausschreibungsbeginn ohnehin noch nicht geltenden - § 98 Nr. 5 GWB
schon deshalb nicht einschlägig, weil der Beklagte den geschätzten
Auftragswert zutreffend unterhalb des maßgeblichen Schwellenwertes
angesiedelt hatte.
[9] 2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte
habe das Angebot von Z. nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 VOB/A
als das wirtschaftlichste werten dürfen, hält der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Nach den getroffenen Feststellungen hat der
Beklagte Z. den Zuschlag wegen eines "Mehrs an Eignung" erteilt und
damit das berechtigte Vertrauen der Klägerin auf Einhaltung der
Regeln der VOB/A enttäuscht.
[10] a) Nach § 25 VOB/A hat der Auftraggeber die Wertung
der Angebote grundsätzlich in mehreren aufeinander folgenden Stufen
vorzunehmen (BGHZ 139, 273; vgl. auch Beck'scher
VOB-Komm./Brinker/Ohler, § 25 VOB/A Rdn. 2 f.;
Ingenstau/Korbion/Kratzenberg, VOB-Komm., 16. Aufl. § 25 VOB/A Rdn.
3; Kapellmann/Messerschmidt-Dähne, VOB, Teile A und B 2. Aufl. § 25
VOB/A Rdn. 2; vgl. auch Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Komm.
zur VOL/A, § 25 Rdn. 1). Die Abfolge der einzelnen Prüfungsschritte
ist in § 25 VOB/A folgerichtig festgelegt und deshalb nach
allgemeiner Ansicht zwingend einzuhalten. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1
VOB/A auszuschließende Angebote werden ohne inhaltliche Prüfung
ausgeschieden, die Angebote ungeeigneter Bieter oder solche mit
einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis gelangen gar nicht
erst in die engere Wahl (vgl. Brinker/Ohler aaO, § 25 Rdn. 22 ff.;
Dähne aaO Rdn. 2). Hiervon zu trennen ist die in der Literatur als
vereinfachter Wertungsvorgang bezeichnete Praxis, Angebote, von
denen klar zu erkennen ist, dass sie nach den anzuwendenden
Wertungskriterien keine Aussicht auf den Zuschlag haben, vorab
auszusondern um den Prüfungsaufwand zu begrenzen (vgl.
Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB 10. Aufl. A § 25 Rdn.
67). Diese Rationalisierung ändert nichts daran, dass die Wertung
grundsätzlich die einzelnen Prüfungsebenen zu durchlaufen hat.
[11] b) Die Eignungsprüfung dient im System der VOB/A bei
öffentlicher Ausschreibung bzw. beim offenen Verfahren dazu, die
Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret
nachgefragten Bauleistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und
Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend
qualifizierten Bieter auszusondern. Sie dient dabei nicht der
Ermittlung qualitativer Unterschiede zwischen den einzelnen
Bewerbern (vgl. Gröning, NZBau 2003, 86, 90; Dähne, aaO Rdn. 36).
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 8. September 1998
entschieden hat, ist es mit dem System der Wertungsvorschriften
insbesondere nicht zu vereinbaren, unterschiedliche Eignungsgrade
von Bietern bei der Entscheidung über den Zuschlag im Rahmen der
Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass dem
Angebot eines für geeignet befundenen Bieters dasjenige eines
Konkurrenten maßgeblich wegen dessen höher eingeschätzter Eignung
vorgezogen wird (BGHZ 139, 273).
[12] c) Von dieser Rechtsprechung abzuweichen ist nicht
angezeigt. Dass Eignung und Wirtschaftlichkeit nach § 25 VOB/A und §
25 VOL/A unabhängig voneinander zu prüfen sind, hat Gründe, die in
der Natur der Sache liegen. Die Eignungsprüfung ist eine
unternehmensbezogene Untersuchung, mit der prognostiziert werden
soll, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, sachlichen und
finanziellen Ausstattung zur Ausführung des Auftrags in der Lage
sein wird. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich dagegen nicht
auf die konkurrierenden Unternehmen, sondern auf ihre Angebote (vgl.
Gröning, NZBau 2003, 86, 90 f.). Bewertet werden mit Gesichtspunkten
wie dem Preis, der Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, der
Gestaltung, Rentabilität oder dem technischem Wert Eigenschaften der
angebotenen Leistung, nicht aber des Anbieters (§ 25 Nr. 3 Abs. 3
Satz 2 VOB/A). Dem Anliegen öffentlicher Auftraggeber, eine
besondere Eignung der Bewerber zu berücksichtigen, kann nach dem
System der VOB/A, wie der Senat bereits ausgeführt hat (BGHZ 139,
273), durch Wahl der Vergabeart Rechnung getragen werden, also
insbesondere durch Durchführung einer beschränkten Ausschreibung
bzw. eines nicht offenen Verfahrens nach öffentlichem
Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 3 Abs. 2 lit. a VOB/A; § 101 Abs. 3
GWB), sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen.
[13] d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte
der Beklagte sich einen Weg, die angenommene bessere Eignung von Z.
bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu berücksichtigen, nicht dadurch
erschließen, dass er alle Wertungsstufen bis nach dem für
erforderlich erachteten Bietergespräch offenließ. Zwar schließt das
von § 25 VOB/A vorgegebene Prüfungsschema, in die nächstfolgende
Wertungsstufe nach Abschluss der vorangegangenen überzugehen, nicht
aus, dass übersehene oder erst später bekannt gewordene Mängel
nachträglich berücksichtigt werden dürfen (vgl. Vavra in:
Völlink/Kehrberg, VOB/A, § 25 Rdn. 3 m.w.N.). Der bloße Aufschub
einzelner Wertungsschritte, um den es hier geht, kann aber nichts
daran ändern, dass diese in der vorgesehenen Reihenfolge voneinander
abgesetzt und ohne Vermischung der Prüfungsgegenstände zu vollziehen
sind.
[14] 3. Soweit das Berufungsgericht die Zurückweisung der
Berufung auch auf die Erwägung gestützt hat, der Schaden sei in der
geltend gemachten Höhe nicht nachvollziehbar berechnet, hält auch
dies der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[15] Der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegende
Berufungsurteile müssen, ebenso wie die Revision zulassende
Entscheidungen, erkennen lassen, von welchem Sach- und Streitstand
das Berufungsgericht ausgegangen ist und welche tatsächlichen
Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde liegen (BGHZ 156, 216;
BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 152/04, WRP 2007, 955 - Fachanwälte).
Diesen Mindestanforderungen genügt das angefochtene Urteil in Bezug
auf die Schadenshöhe nicht. In dem die Sachverhaltsschilderung
betreffenden Teil der Gründe hat das Berufungsgericht tatsächliche
Feststellungen zum Komplex der Schadenshöhe ebenso wenig getroffen
wie das Landgericht in seinem in Bezug genommenen Urteil. Dort ist
zur Schadenshöhe lediglich auf Passagen in Schriftsätzen der
Klägerin verwiesen, die zwangsläufig die in zweiter Instanz
erweiterte Klage nicht in vollem Umfang betreffen können. Den
rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zur Schadenshöhe sind
ebenfalls keine für eine revisionsrechtliche Überprüfung
ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zu entnehmen. Aus ihnen
ergibt sich lediglich, dass dem Berufungsgericht unklar war, wie die
Kalkulation der Klägerin im Einzelnen zustande gekommen ist und
inwieweit diese mit der Urkalkulation und dem Angebot der Klägerin
tatsächlich übereinstimmte; ferner, dass der Beklagte bemängelt
hatte, bei verschiedenen Positionen des Leistungsverzeichnisses habe
die Klägerin keinen Lohnanteil in Ansatz gebracht, weshalb auch die
Frage der Auskömmlichkeit nicht zuverlässig beantwortet werden
könne, und schließlich, dass das Berufungsgericht der Auffassung
war, die Klägerin hätte hierzu nochmals im Einzelnen vortragen
müssen. Diese Ausführungen lassen, wie die Revision zu Recht rügt,
bereits nicht erkennen, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen
Gründen das Berufungsgericht sich nicht in der Lage gesehen hat,
auch nur einen Mindestschaden zu schätzen (§ 287 ZPO).
[16] 4. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand
haben. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für
die erneute Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
[17] a) Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob
die Klägerin durch Einreichung des von der Ausschreibung
abweichenden Bauzeitenplans die Verdingungsunterlagen in einer den
Ausschluss ihres Angebots rechtfertigenden Weise geändert hat (§ 21
Nr. 1 Abs. 2, § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A), ist zu verneinen.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war ein Bauzeitenplan
kein konstitutiver Bestandteil der vom Bieter abzugebenden Angebote.
Dem im Submissionstermin vorliegenden Angebot der Klägerin kann
deshalb nicht nachträglich aufgrund des später eingereichten
Bauzeitenplans der Inhalt beigelegt werden, dass sie sich nur zu
einer Fertigstellung Ende Oktober 2005 verpflichten wollte. Vielmehr
bezog sich das Angebot auf die bekannt gemachten Vergabebedingungen
und damit auch auf den dort vorgesehenen Fertigstellungszeitpunkt.
[18] Soweit der Beklagte den Ausschluss des Angebots der
Klägerin auf die von ihr begehrte Bauzeitanpassung stützen möchte,
ist zu berücksichtigen, dass zwischen der von den Bietern zugesagten
Einhaltung des Fertigstellungstermins und dem in den
Ausschreibungsunterlagen genannten Zeitpunkt für den Baubeginn eine
Wechselwirkung besteht, zumal dieser für die Bieter regelmäßig ein
wesentlicher Parameter bei der Angebotskalkulation ist. Ebenso, wie
sie die Einhaltung des Fertigstellungstermins zusagen, muss der
Auftraggeber die Aufnahme der Arbeiten zu dem bekannt gemachten
Termin ermöglichen. Gibt ein Bieter, wie hier, zu erkennen, dass er
eine Verlängerung der Bauzeit in Anspruch nehmen will, die
proportional zur erwarteten Verzögerung des Baubeginns infolge der
Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist bemessen ist, berechtigt
das den Auftraggeber nicht ohne Weiteres, diesen Bieter - wegen
Unzuverlässigkeit oder mangelnder Leistungsfähigkeit -
auszuschließen. Der Ausschluss wäre vielmehr allenfalls dann
gerechtfertigt, wenn der Auftraggeber berechtigterweise erwarten
konnte, dass der ursprüngliche Fertigstellungstermin trotz des
verzögerten Baubeginns eingehalten wird und der Bieter gleichwohl
auf der Bauzeitanpassung beharrt und deshalb zu befürchten ist, dass
der anfängliche Termin nicht eingehalten würde. Ob der Auftraggeber
zu Recht trotz Verschiebung des Baubeginns auf der Einhaltung der
anfangs vorgesehenen Bauzeit bestehen darf, hängt im Wesentlichen
von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der vom Berufungsgericht
dafür vorzunehmenden Abwägung aller Aspekte einschließlich der
beiderseitigen Interessen wird insbesondere in Erwägung zu ziehen
sein, ob die vorgesehene Bauzeit für das Vorhaben eher großzügig
oder knapp bemessen war, ferner, dass die im Streitfall ursprünglich
vorgesehene Zuschlags- und Bindefrist mit zwei Wochen eher kurz
bemessen war (vgl. § 19 Nr. 2 VOB/A); schließlich und vor allem wird
zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin bei ihrer weiteren
Planung ersichtlich mit einer vollen Ausschöpfung der verlängerten
Zuschlagsfrist gerechnet hat. Der Zuschlag konnte indes bereits am
7. Juli 2005 erteilt werden, so dass davon auszugehen ist, dass die
Arbeiten unmittelbar im Anschluss daran aufgenommen werden konnten.
Aufgrund des durch die Ausschreibungsteilnahme begründeten
vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses wäre der Beklagte
verpflichtet gewesen, sich erneut mit der Klägerin über die Bauzeit
ins Benehmen zu setzen, bevor er sie wegen der zuvor kalkulierten
Bauzeitenanpassung ausschloss. Dazu Vortrag zu halten werden die
Parteien im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit haben.
[19] Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass der
Umstand, dass Z. trotz verzögerten Baubeginns keine Verlängerung der
Bauzeit ins Auge gefasst hatte, nicht unter dem in § 25 Nr. 3 Abs. 3
VOB/A genannten Gesichtspunkt der Ausführungsfrist bei der Wertung
berücksichtigt werden darf. Es handelt sich dabei bereits nicht um
ein von vornherein vorgesehenes Wertungskriterium und im Übrigen
auch in der Sache nicht um eine von Z. angebotene kürzere
Ausführungsfrist i. S. der Vorschrift.
[20] Dass im Streitfall andere Kriterien als die -
untaugliche - bessere Eignung für den Sporthallenbau festgelegt
waren, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Gegenrügen
dagegen sind nicht erhoben. Jedenfalls auf der Grundlage der bislang
getroffenen Feststellungen ist deshalb davon auszugehen, dass im
Vergabeverfahren keine zulässigen Wirtschaftlichkeitskriterien
bestimmt waren. Unter solchen Voraussetzungen ist für die
Zuschlagsentscheidung der Angebotspreis maßgeblich. Der Preis ist
ein neutraler Gesichtspunkt, der sich in jedem Fall, unabhängig vom
Gegenstand des einzelnen Vergabeverfahrens, eignet, um das
wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln, und mit dessen
Maßgeblichkeit jeder Bieter immer dann rechnen muss, wenn keine
anderen Kriterien angegeben sind.
[21] Soweit ein Auftraggeber in den Vergabeunterlagen die
Einreichung von Referenzen fordert, handelt es sich typischerweise,
worauf der Senat vorsorglich hinweist, nur um die Anforderung eines
Eignungsnachweises (§ 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. b, § 10 Nr. 5 Abs. 2 lit.
l, § 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. s VOB/A).
[22] b) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob das
Angebot der Klägerin, wie vom Beklagten geltend gemacht, nicht
auskömmlich war.
[23] Mit diesem Einwand kann zum einen gemeint gewesen
sein, bei der Offerte der Klägerin handle es sich um ein zwingend
auszuschließendes (vgl. Rusam aaO Rdn. 41) Angebot mit unangemessen
niedrigem Preis (§ 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A), zum anderen kann geltend
gemacht worden sein, die materiellen Voraussetzungen für den auf
Erstattung des positiven Interesses gerichteten
Schadensersatzanspruch seien nicht gegeben. Zu beiden Einwänden
fehlen, wie ausgeführt, jegliche Feststellungen.
[24] Soweit zwischen den Parteien die Frage eines
materiellen Schadens der Klägerin streitig ist, weist der Senat
darauf hin, dass eine entgangene Verlustminderung durch fehlende
Deckungsbeiträge einem entgangenen Gewinn nach § 252 BGB, § 287 ZPO
gleichsteht (Sen.Urt. v. 6.2.2007 - X ZR 117/04, WRP 2007, 550 -
Meistbegünstigungsvereinbarung).
Melullis Scharen Mühlens
Asendorf Gröning