XII ZB 39/03

11.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF

vom

11. Oktober 2006

in der Familiensache


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BGB § 1587 c; VAHRG § 10 a


a) Für das Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG bleiben Umstände, die eine Härte im Sinne des § 1587 c BGB begründen könnten, in Ansehung der auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten bereits übertragenen Versorgungsanrechte grundsätzlich unberücksichtigt, wenn sie im Rahmen der Erstentscheidung nicht zu einer Herabsetzung oder zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs geführt haben, obwohl sie auf schon damals abgeschlossenen Tatbeständen beruhten. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Umstände bereits bei der Erstentscheidung bekannt waren, ob sie zu diesem Zeitpunkt beweisbar waren oder aus welchen sonstigen Gründen der Erstrichter sie unberücksichtigt gelassen hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. September 1992 - XII ZB 142/91 - FamRZ 1993, 175, 176).

b) Diese grundsätzliche Beschränkung des Abänderungsverfahrens gilt nicht, soweit der (weiterhin) ausgleichspflichtige Ehegatte aufgrund der veränderten Wertverhältnisse zusätzliche Rentenanrechte abgeben müsste. Mit der abzuändernden Entscheidung steht rechtskräftig nur fest, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs in der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bereits zuerkannten Höhe von § 1587 c BGB nicht ausgeschlossen wird. Dagegen lässt sich der abzuändernden Entscheidung nicht eine rechtskräftige Feststellung dahin entnehmen, dass unter den Ehegatten ein Versorgungsausgleich in ungekürzter Höhe der sich jeweils ergebenden hälftigen Wertdifferenz ihrer ehezeitlichen Versorgungsanrechte durchzuführen ist.


BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - XII ZB 39/03 - OLG Celle, AG Hannover


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 10. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Januar 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als für den Antragsgegner Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe mehr als 53,22 € (= 104,08 DM), monatlich und bezogen auf den 30. September 1991, begründet worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 900 €

Gründe:

I. Die Parteien streiten über die Abänderung des Versorgungsausgleichs.

Die am 3. Juli 1986 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 5. Oktober 1991 zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 7. Mai 1992 rechtskräftig geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und durch Beschluss vom 15. Februar 1993 dahin geregelt, dass zu Lasten der von der Antragstellerin bei der Deutschen Bundespost (jetzt: Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, Deutsche Bundespost, Beteiligte zu 1) erworbenen Anwartschaften auf Beamtenversorgung im Wege des Quasisplittings auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Hannover (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 104,08 DM (= 53,22 €), bezogen auf den 30. September 1991, begründet wurden. Dieser Beschluss ist seit dem 27. März 1993 rechtskräftig.

Die Antragstellerin begehrt nunmehr die Abänderung dieser Entscheidung über den Versorgungsausgleich, weil es ihr unerträglich sei, dem Antragsgegner, der die 1988 geborene gemeinsame Tochter der Parteien 1991 sexuell missbraucht und später weitere Verbrechen begangen habe, einen Teil ihrer Pension abgeben zu müssen.

Der Antragsgegner wurde 1995 vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Tochter rechtskräftig freigesprochen. 1999 wurde er wegen Mordes, sexuellen Missbrauchs seiner minderjährigen Nichte und Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. In diesem Strafverfahren räumte er die Straftat an seiner Tochter ein. Im vorliegenden Verfahren bestreitet er diese Tat und behauptet, sein früheres Geständnis sei unter dem Druck der polizeilichen Vernehmung und auf Anraten seines Verteidigers zustande gekommen.

Die Antragstellerin wurde zum 1. Januar 2002 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Sie bezieht seither Ruhegehalt, dessen Ehezeitanteil die Beteiligte zu 1 mit 187,90 € mitgeteilt hat und dem ehezeitliche Rentenanrechte des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 41,04 € gegenüberstehen. Da der sich hieraus ergebende Ausgleichsanspruch des Antragsgegners in Höhe von (187,90 € - 41,04 € = 146,86 € : 2 =) 73,43 € den Wert der im Erstverfahren für ihn begründeten Anrechte (53,22 €) um mehr als 10 % übersteige, hat das Amtsgericht die Voraussetzungen eines Abänderungsverfahrens nach § 10 a VAHRG bejaht. Im Rahmen dieses Verfahrens hat es sodann den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Aufgrund seiner Angaben im Strafverfahren, das 1999 zu seiner Verurteilung u.a. wegen Mordes geführt habe, sei erwiesen, dass der Antragsgegner des sexuellen Missbrauchs seiner Tochter schuldig sei; die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu seinen Gunsten sei deshalb grob unbillig.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er - im Hinblick auf die nunmehr ermittelte höhere Wertdifferenz zwischen den beiderseitigen ehezeitlichen Versorgungen - seinerseits eine Abänderung der Ausgangsentscheidung zu seinen Gunsten erstrebt, hat das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 1291 veröffentlicht ist, die Erstentscheidung über den Versorgungssausgleich dahin abgeändert, dass es - nach Korrektur des von der Beteiligten zu 1 mitgeteilten ehezeitlichen Versorgungsanrechts - zu Lasten der von der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1 erworbenen Versorgung für den Antragsgegner bei der Beteiligten zu 2 Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 69,87 €, bezogen auf den 30. September 1991, begründet hat. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Antragstellerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.

II. Das Rechtsmittel führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Im übrigen hat es keinen Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat den Ehezeitanteil des von der Antragstellerin bezogenen Ruhegelds - in Abweichung der von der Beteiligten zu 1 am 15. Mai und am 4. November 2002 erteilten Auskünfte - mit 180,78 € ermittelt. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Dem so ermittelten Wert hat das Oberlandesgericht den ehezeitanteiligen Betrag der vom Antragsgegner erworbenen Rentenanrechte in Höhe von 41,04 € gegenübergestellt und den Ausgleichsanspruch des Antragsgegners mit (180,78 € - 41,04 € = 139,74 € : 2 =) 69,87 € errechnet.

All dies lässt Rechts- oder Rechenfehler nicht erkennen; auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts. Allerdings ist an die Stelle der vom Oberlandesgericht berücksichtigten jährlichen Sonderzuwendung inzwischen die jährliche Sonderzahlung nach Maßgabe des Bundessonderzahlungsgesetzes (i.d.F. der Bekanntmachung vom 28. Februar 2005) getreten. Danach erhöht sich das vom Oberlandesgericht mit monatlich 1.849,15 DM ermittelte Ruhegehalt um 4,17 % (= 77,11 DM) auf (1.849,15 DM + 77,11 DM =) 1.926,26 DM. Der Ehezeitanteil dieses Ruhegehalts beträgt folglich (1.926,26 DM x 5,25 : 29,60 =) 341,65 DM = 174,68 € und der Ausgleichsanspruch des Antragsgegners (174,68 € - 41,04 € = 133,64 € : 2 =) 66,82 €.

2. Der so ermittelte Ausgleichsanspruch übersteigt den Wert der für den Antragsgegner in der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich begründeten Versorgungsanrechte (in Höhe von 104,08 DM = 52,22 €) um 14,60 €, mithin um mehr als 10 %. Diese Abweichung, die sich - wie im angefochtenen Beschluss näher dargestellt - im Wesentlichen aus dem aufgrund des vorzeitigen Ruhestands der Antragstellerin erhöhten Ehezeitanteil ihrer Versorgung ergibt, ermöglicht es gemäß § 10 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 VAHRG, die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich zugunsten des Antragsgegners entsprechend abzuändern. Eine solche Abänderung zugunsten des Antragsgegners wird nicht dadurch gehindert, dass die Antragstellerin die Abänderung beantragt hat. Das Oberlandesgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, dass dem Abänderungsantrag eine nur verfahrenseinleitende Bedeutung zukommt (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 1988 IVb ZB 80/86 FamRZ 1989, 264; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 10 a VAHRG Rdn. 54); er ist kein Sachantrag, der das Gericht binden würde und einer der Antragstellerin nachteiligen Abänderung entgegenstünde (KG OLGR 1998, 373; Erman/Klattenhoff BGB 11. Aufl., § 10 a Rdn. 49).

3. Das Oberlandesgericht geht davon aus, dass die vom Antragsgegner begangenen Straftaten, derentwegen er 1999 verurteilt worden ist, schon deshalb weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Versorgungsausgleichs rechtfertigen, weil sie keinen Bezug zur Ehe der Parteien haben und sich auch nicht gegen nahe Angehörige der Antragstellerin richten. Diese Auffassung ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden; auch die Rechtsbeschwerde erinnert dagegen nichts.

4. Auch der dem Antragsgegner zur Last gelegte angebliche sexuelle Missbrauch der gemeinsamen Tochter der Parteien soll nach Auffassung des Oberlandesgerichts einen vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c BGB nicht ermöglichen. § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG erlaube nämlich nur eine solche Abänderung der früheren Entscheidung, die den neu festgestellten Wertverhältnissen der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte Rechnung trage. Das habe zur Folge, dass Billigkeitserwägungen nach § 1587 c BGB, soweit sie auf abgeschlossenen Tatbeständen beruhten und in die Entscheidung des Erstgerichts - sei es bejahend oder verneinend - Eingang gefunden hätten, keiner erneuten Überprüfung unterlägen, sondern auch für die Abänderungsentscheidung maßgebend blieben. Der Tatbestand eines angeblichen sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Tochter der Parteien sei im Zeitpunkt der Erstentscheidung nicht nur abgeschlossen, sondern den Beteiligten und dem Amtsgericht durchaus bekannt gewesen. In dem nun vorliegenden Abänderungsverfahren könne dieser abgeschlossene Sachverhalt nicht erneut Gegenstand richterlicher Beurteilung sein. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Antragsgegner zwischenzeitlich ein Geständnis abgelegt habe. Eine veränderte Beweislage allein eröffne nicht die Möglichkeit, einen abgeschlossenen Sachverhalt im Abänderungsverfahren wieder aufzugreifen.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG eröffnet das Abänderungsverfahren nur unter der Voraussetzung, dass sich der bisher festgestellte Wertunterschied zwischen den beiderseits erworbenen Versorgungen wesentlich ändert; fehlt es daran, kann allein mit dem Begehren, den Versorgungsausgleich nach Maßgabe der Härteregelung des § 1587 c BGB herabzusetzen oder auszuschließen, ein Abänderungsverfahren nicht begründet werden (Senatsbeschluss vom 15. März 1989 IVb ZB 183/87 FamRZ 1989, 725, 726 und vom 2. Oktober 1996 XII ZB 96/93 FamRZ 1996, 1540, 1542). Hat sich - wie im vorliegenden Fall - der Wertunterschied der in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte wesentlich verändert, so entspricht es dem Gesetzeswortlaut ebenso wie der herrschenden, auch vom Senat geteilten

Überzeugung, dass die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich nur "entsprechend" dieser Wertveränderung abgeändert werden kann. Daraus folgt, dass das Ergebnis von Billigkeitserwägungen, die einer Erstentscheidung zugrunde liegen und gemäß § 1587 c BGB zur Herabsetzung oder zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs geführt haben, grundsätzlich auch für eine Abänderungsentscheidung nach § 10 a VAHRG maßgebend bleiben, soweit es sich um abgeschlossene Tatbestände handelt (Senatsbeschluss vom 30. September 1992 XII ZB 142/91 FamRZ 1993, 175, 176; Johannsen/Henrich/ Hahne aaO Rdn. 5 f.; MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl. § 10 a VAHRG Rdn. 9 ff.; Soergel/Hohloch BGB 13. Aufl. § 10 a VAHRG Rdn. 13; Wick, Der Versorgungsausgleich, Rdn. 229). Ebenso müssen Umstände, auch wenn sie eine Härte im Sinne des § 1587 c BGB begründen könnten, für das Abänderungsverfahren grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, wenn sie im Rahmen der Erstentscheidung nicht zu einer Herabsetzung oder zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs geführt haben, obwohl sie auf schon damals abgeschlossenen Tatbeständen beruhten (OLG Köln FamRZ 1990, 294, 295; Johannsen/Henrich /Hahne aaO). Dies gilt unabhängig davon, ob diese Umstände bereits bei der Erstentscheidung bekannt waren, ob sie zu diesem Zeitpunkt beweisbar waren oder aus welchen sonstigen Gründen der Erstrichter sie unberücksichtigt gelassen hat. Das ergibt neben dem Wortlaut ("entsprechend") auch die Entstehungsgeschichte des § 10 a Abs. 1 VAHRG: Danach sollte die Rechtskraft der Erstentscheidung nur gemäß dem veränderten Wertunterschied, nicht aber auch in Ansehung von Härtegründen durchbrochen werden; denn es sollte vermieden werden, insoweit "den alten Verfahrensstoff mit den dann bestehenden erheblichen Beweisschwierigkeiten wieder aufzurollen" (BT-Drucks. 10/6369 S. 21). Auch die von § 10 a Abs. 3 VAHRG geforderte Billigkeitsprüfung sollte sich deshalb "insbesondere" auf den Versorgungserwerb nach der Ehe beziehen. Dadurch sollte "ein Wiederaufleben alten Streits um die Anwendung des § 1587 c BGB vermieden und die Billigkeitsabwägung auf die nacheheliche Entwicklung der Versorgungssituation der Ehegatten konzentriert" werden (BT-Drucks. aaO S. 22).

Diese grundsätzliche Beschränkung des Abänderungsverfahrens schließt es aus, die von der Antragstellerin geltend gemachte Straftat des Antragsgegners nunmehr als Härtegrund insoweit zu berücksichtigen, als die Antragstellerin eine Herabsetzung des dem Antragsgegner schon bislang zuerkannten Ausgleichsbetrags begehrt. Nach den Behauptungen der Antragstellerin soll der Antragsgegner die gemeinsame Tochter der Parteien 1991 - mithin vor der Scheidung der Parteien und vor der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich - sexuell missbraucht haben. Deshalb hätte, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist, bereits im Erstverfahren die Möglichkeit bestanden, wegen dieses Sachverhalts den Versorgungsausgleich herabzusetzen oder auszuschließen. Im Abänderungsverfahren kann dies nicht nachgeholt werden. Das gilt auch dann, wenn - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - der behauptete sexuelle Missbrauch im Erstverfahren nicht beweisbar war, nunmehr jedoch durch das Geständnis des Antragsgegners im späteren Ermittlungsverfahren bewiesen werden könnte.

b) Der grundsätzliche Ausschluss der Möglichkeit, Härtegründe im Sinne des § 1587 c BGB, die sich aus bereits im Zeitpunkt der Erstentscheidung abgeschlossenen Tatbeständen ergeben, im Abänderungsverfahren geltend zu machen, findet allerdings seine Grenze dort, wo es einem Ehegatten aus Rechtsgründen verwehrt war, sich bereits im Erstverfahren auf solche Härtegründe zu berufen. Das ist immer dann der Fall, wenn der im Erstverfahren noch ausgleichsberechtigte Ehegatte aufgrund der später eingetretenen Umstände, die zu einem Abänderungsverfahren führen, erstmals ausgleichspflichtig wird. In einem solchen Fall kann es, wie der Senat bereits entschieden hat, dem nunmehr ausgleichspflichtig gewordenen Ehegatten nicht verwehrt sein, diejenigen Verhältnisse im Sinne des § 1587 c BGB zur Geltung zu bringen, die aus seiner Sicht eine Herabsetzung oder einen Ausschluss des - nunmehr erstmals zugunsten des anderen Ehegatten durchzuführenden - Versorgungsausgleichs rechtfertigen (Senatsbeschluss vom 30. September 1992 aaO). Entsprechendes gilt in Fällen, in denen - wie hier - im Abänderungsverfahren zwar die Richtung, in welcher der Versorgungsausgleich durchzuführen ist, unverändert bleibt, der (weiterhin) ausgleichspflichtige Ehegatte aber zusätzliche Rentenanrechte abgeben soll. Mit der abzuändernden Entscheidung steht nämlich rechtskräftig nur fest, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs in der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bereits zuerkannten Höhe nicht grob unbillig ist und die Durchführung des Versorgungsausgleichs in dieser Höhe deshalb von § 1587 c BGB nicht ausgeschlossen wird. Dagegen lässt sich der abzuändernden Entscheidung keine rechtskräftige Feststellung dahin entnehmen, dass unter den Ehegatten ein Versorgungsausgleich in ungekürzter Höhe der sich jeweils ergebenden hälftigen Wertdifferenz ihrer ehezeitlichen Versorgungsanrechte durchzuführen ist.

c) Daraus folgt, dass die dem Antragsgegner von der Antragstellerin zur Last gelegte Straftat zwar nicht eine generelle Herabsetzung des Versorgungsausgleichs bis zu seinem völligen Ausschluss zu rechtfertigen vermag. Denn diese Frage ist, wie dargetan, mit der Erstentscheidung in Höhe des dem Antragsgegner bereits zuerkannten Ausgleichsbetrags rechtskräftig beantwortet; ihr erneut nachzugehen ist im Abänderungsverfahren verwehrt. Hinsichtlich des Betrages, um den der Wert der weiteren Anrechte, die dem Antragsgegner nach Maßgabe der sich nunmehr ergebenden Wertdifferenz gut zu bringen wären, den Wert der bereits in der Erstentscheidung für ihn begründeten Anrechte übersteigt, fehlt es jedoch an einer rechtskräftigen Feststellung. Insoweit ist die Frage, ob der Antragsgegner die behauptete Straftat begangen hat und ob diese Straftat es rechtfertigt, von einer weitergehenden, den Antragsgegner begünstigenden Durchführung des Versorgungsausgleichs ganz oder teilweise abzusehen, von Bedeutung; sie bleibt tatrichterlicher Beantwortung vorbehalten.

5. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Antragsgegner habe die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich erschlichen, indem er im Scheidungsverbundverfahren - noch vor Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich - den sexuellen Missbrauch an der gemeinsamen Tochter unter Verstoß gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht geleugnet und damit eine Anwendung des § 1587 c BGB im Erstverfahren über den Versorgungsausgleich verhindert habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei nicht nur die Titelerschleichung, sondern auch die Ausnutzung des erschlichenen Titels eine sittenwidrige Schädigung. Da der Missbrauch des Titels der Titelerschleichung nachfolge, sei seine Geltendmachung nicht präkludiert. Damit kann die Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht durchdringen, weil in der Einlassung des Antragsgegners auf das Abänderungsbegehren der Antragstellerin kein Gebrauchmachen der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich liegt.

III. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung nicht in vollem Umfang bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend selbst zu entscheiden, da die Frage, inwieweit eine weitergehende Begründung von Versorgungsanrechten für den Antragsgegner nach § 1587 c BGB ausgeschlossen

ist, tatrichterlicher Feststellungen und Beurteilung bedarf. Die Sache war daher insoweit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen

VRinBGH Dr. Hahne ist urlaubsbedingt Sprick Weber-Monecke

verhindert zu unterschreiben.

Sprick

Wagenitz Ahlt

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