BGH, Beschluss vom 7. Juli 2025 - NotZ(Brfg) 1/25

18.08.2025

BUNDESGERICHTSHOF

vom

7. Juli 2025

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


BNotO § 73 Abs. 3, § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2


Die Befugnis nach § 73 Abs. 3 BNotO berechtigt die Notarkammern, auch dem Notar Gebühren für die Abgabe und Verwahrung von Akten aufzuerlegen und von ihm Auslagenersatz zu verlangen, dem zuvor die Zuständigkeit zur Verwahrung gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 BNotO übertragen worden ist.


BGH, Beschluss vom 7. Juli 2025 - NotZ(Brfg) 1/25 - OLG Celle


wegen Beschlussanfechtung

Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Vorsitzende Richterin Dr. Roloff, die Richterin Dr. Böttcher sowie den Notar Müller-Eising und die Notarin Dr. Bord

beschlossen:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Celle vom 27. November 2024 wird abgelehnt.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu jeweils einem Drittel zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

[1] I. Die Kläger - Mitglieder der beklagten Notarkammer - fechten die in der Beitragsordnung der Beklagten enthaltene Bestimmung über die Gebühren für die Abholung und Verwahrung von Aktenbeständen früherer Notare an.

[2] Die Klägerin zu 1 verwahrt die Akten, Bücher sowie früheren Urkunden des Notars B. seit November 2016. Auf ihren Antrag widerrief die Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle den diesbezüglichen Verwaltungsakt am 15. Mai 2024 und gab ihr auf, sämtliche Amtsbestände der Beklagten zur amtlichen Verwahrung zu übergeben. Die Klägerin zu 2 und der Kläger zu 3 verwahren die Akten und sonstigen Bestände der aus dem Amt ausgeschiedenen Notare H. und K. seit 2019 beziehungsweise 2023. Einen Antrag, die Verwahrung zu beenden, haben sie bislang nicht gestellt.

[3] Seit dem 1. Januar 2022 ist im Regelfall für die Verwahrung von Akten und Verzeichnissen aus dem Amt geschiedener Notare - anstelle der Amtsgerichte - die Notarkammer zuständig, in deren Bezirk sich der Amtssitz des Notars befunden hat (vgl. § 51 Abs. 1 Satz 1 BNotO in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und zur Einrichtung des elektronischen Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer vom 1. Juni 2017, BGBl. I S. 1396). Die Beklagte unterhält zu diesem Zweck zusammen mit zehn anderen Notarkammern ein Urkundenarchiv, das von einem Drittunternehmen in Siegen betrieben wird. Die dafür entstehenden Kosten gaben der Beklagten Anlass, ihre Beitragsordnung am 15. Mai 2024 einstimmig um nachfolgende Gebührenposition zu ergänzen:

8.(1) Die Notarkammer Celle erhebt als Aufwendungsersatz von jedem Kammermitglied, dessen geordnete und verwahrungsfähige Akten und Verzeichnisse sie gemäß § 51 Abs. 1 BNotO in Verwahrung in ihr Urkundenarchiv übernimmt, die Kosten, die sie der Urkundenarchiv Siegen GbR, deren Mitglied die Notarkammer Celle ist, für die Abholung des Archivguts und dessen Archivierung im Urkundenarchiv in Siegen zu entrichten hat. Die Höhe des Aufwendungsersatzes ergibt sich aus Absatz 3.

(2) Die Notarkammer Celle erhebt als Aufwendungsersatz von jedem Kammermitglied, das geordnete und verwahrungsfähige Akten und Verzeichnisse eines oder mehrerer ehemaliger Kammermitglieder, die sich in der Verwahrung des Kammermitglieds befinden, in die Verwahrung der Notarkammer Celle in ihr Urkundenarchiv abgibt, die Kosten, die sie der Urkundenarchiv Siegen GbR, deren Mitglied die Notarkammer Celle ist, für die Abholung des Archivguts und dessen Archivierung im Urkundenarchiv in Siegen zu entrichten hat. Die Höhe des Aufwendungsersatzes ergibt sich aus Absatz 3. Fällt die Abholung mit einer Abholung gemäß Absatz 1 zusammen, fällt der Aufwendungsersatz für die Abholung nur einmal an.

[4] In Nummer 3 sind sodann die Gebühren im Einzelnen aufgeführt.

[5] Die Kläger halten die Änderung der Beitragsordnung für unwirksam. Für die Überbürdung der Kosten auf das einzelne Kammermitglied fehle - soweit es um die vom Nachfolger eines ausgeschiedenen Notars verwahrten Bestände gehe - eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. § 73 Abs. 3 BNotO sehe einen Auslagenersatz nur gegenüber einem Notar vor, nicht aber gegenüber seinem Nachfolger. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass ein Notar noch vor Einführung des § 73 Abs. 3 BNotO zum Nachfolger bestellt worden sei. Die Kostenpflicht stelle sich insofern als unzulässige Rückwirkung dar.

[6] Die von den Klägern erhobene Klage hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrem Antrag, die Berufung zuzulassen, verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

[7] II. Selbst wenn der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung zulässig sein sollte, was wegen der mangelnden Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zweifelhaft ist, ist er jedenfalls unbegründet. Ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO liegt nicht vor.

[8] 1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO).

[9] a) Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Antragsteller im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat, was zudem die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen muss (vgl. zB Senat, Beschlüsse vom 16. November 2020 - NotZ(Brfg) 6/20 NJW-RR 2021, 564, Rn. 5; vom 23. April 2018 - NotZ(Brfg) 6/17, NJW 2018, 2567 Rn. 11 und vom 23. November 2015 - NotSt(Brfg) 5/15, DNotZ 2016, 311 Rn. 5). Dies ist nicht der Fall. Das Oberlandesgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat macht sich dessen überzeugende und nicht ergänzungsbedürftige Urteilsbegründung vollinhaltlich zu eigen. Die von den Klägern dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

[10] Dies betrifft insbesondere die im Zulassungsantrag nicht näher begründete Auffassung der Kläger, aus § 73 Abs. 3 BNotO ergebe sich nicht die Befugnis der Kammern, dem Notar Gebühren auch für die Abgabe und Verwahrung von Akten aufzuerlegen, die er von einem früheren Notar übernommen hat. Das Oberlandesgericht hat sich auch mit dieser Frage in jeder Hinsicht überzeugend, umfassend und mit nicht ergänzungsbedürftiger Begründung auseinandergesetzt. Gegen diese bringen die Kläger in ihrem Zulassungsantrag außer der Wiederholung ihrer gegenteiligen Rechtsansicht nichts vor.

[11] Ebenso wenig begründet die ergänzende Erwägung der Kläger Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Oberlandesgerichts. Sie meinen, es sei zweifelhaft, "ob die staatliche Aufgabe der Aufbewahrung von Akten und Verzeichnissen, die durch gesetzliche Regelung von den Amtsgerichten den Notarkammern übertragen worden sind (§ 51 Abs. 1 BNotO)[,] durch Erhebung von Gebühren und Auslagenersatz bei dem einzelnen Notar, diesen insoweit als beliehenen Unternehmer, ohne finanzielle Ausstattung zur Erfüllung der entsprechenden staatlichen Aufgabe rechtmäßig erscheint." Zwar könne sich der Staat bei der Durchführung seiner Aufgaben Dritter, namentlich öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder beliehener Unternehmer bedienen, müsse aber für eine solche Aufgabenübertragung zwingend hinreichende Mittel zur Verfügung stellen.

Abgesehen davon, dass die Einordnung des Notars als beliehenem Unternehmer mit § 1 BNotO unvereinbar ist (vgl. Eschwey in Schippel/Eschwey, BNotO, 11. Aufl., § 1 Rn. 13 ff, 25 ff; Frenz in Frenz/Miermeister, BNotO, 6. Aufl., § 1 Rn. 18 ff), haben die Kläger nicht dargetan, dass die Gebühren der Notarkammer für die Abgabe und Verwahrung der Urkunden früherer Notare nicht in zumutbarer Weise aus den Einnahmen der (aktiven) Notare bestritten werden können, die diese Urkunden an die Kammer abgeben. Überdies ist die Argumentation der Kläger nicht schlüssig, weil, wie sie selbst nicht in Abrede stellen, die Notare die Kosten der Verwahrung auch von Urkunden früherer Notare selbst tragen, wenn und solange ihnen die Zuständigkeit hierfür gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 BNotO überantwortet ist. Infolge der Abgabe solcher Urkunden an die Notarkammer entfällt die Belastung mit der Eigenverwahrung, so dass den für die Verwahrung durch die Kammer anfallenden Gebühren vielfach ersparte Aufwendungen des abgebenden Notars entgegenstehen.

[12] 2. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten. Die Rechtssache weist weder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) noch hat sie grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO).

[13] a) Tatsächliche Schwierigkeiten des Falles machen die Kläger nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich. Aus der Begründung des Oberlandesgerichts und den vorstehenden ergänzenden Erwägungen ergibt sich, dass besondere rechtliche Probleme ebenfalls nicht vorliegen.

[14] b) Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Partei, die sie geltend macht, die maßgebliche Rechtsfrage herauszustellen und darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den in der Rechtsprechung und Literatur dazu vertretenen Auffassungen (vgl. Senat, Beschluss vom 14. März 2016 - NotZ(Brfg) 5/15, DNotZ 2016, 879 Rn. 15; BFH, NVwZ-RR 2007, 287). Diesem Maßstab wird der Zulassungsantrag der Kläger, die sich im Ergebnis darauf beschränken, die Bedeutung der Entscheidung für alle Notarkammern herauszustellen, bereits nicht gerecht. Dem Hinweis der Kläger auf den - ohnehin die frühere Rechtslage betreffenden - Senatsbeschluss vom 14. April 2008 (NotZ 103/07, DNotZ 2008, 555) fehlt jeglicher Bezug zu den Kriterien für die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (vgl. dazu zB Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2022 - NotZ(Brfg) 11/21, WM 2023, 1102 Rn. 20; vom 14. März 2016 aaO und vom 20. Juli 2015 - NotZ(Brfg) 12/14, DNotZ 2015, 872 Rn. 9; jew. mwN). Dessen ungeachtet lässt sich die Frage der Rechtmäßigkeit von Nummer 8 der Beitragsordnung der Beklagten in der hier maßgeblichen Fassung auch anhand des Gesetzes und der vorhandenen Rechtsprechung ohne weiteres beantworten. Eine Frage ist nicht allein deswegen grundsätzlich bedeutsam, weil es noch keine oder nur wenig Rechtsprechung dazu gibt.

[15] 3. Weitere Zulassungsgründe machen die Kläger nicht geltend.

[16] III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 111g Abs. 1 BNotO in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG.

Herrmann Roloff Böttcher

Müller-Eising Bord

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